MBMC: Newsletter No 4 - February 2021

Neulich landete, nach einer etwas  abenteuerlichen Reise aus Russland, ein eher ungewöhnliches Modell im Maßstab 1:43 (näher 1:40) auf meinem Schreibtisch: der Lessner-Kastenwagen von 1909/1910. Tatsächlich wurden dieser und andere Lieferwagen in Lizenz produziert und hat eine starke Ähnlichkeit mit dem 18 PS starken in 1903 von der DMG hergestellten Daimler "Hotelbus", sowie mit dem weitgehend identisch aussehenden 9 PS starken Lieferwagen, der 1905/1906 von der DMG unter der Bezeichnung Daimler "Geschäftswagen" hergestellt wurde.

Das 1:43-Modell wird in Russland von Andranik Manukyan in Handarbeit hergestellt. Er stellt im Wesentlichen Modelle russischer Fahrzeuge her, die unter der Marke MAL Studios vermarktet werden, und dieses spezielle Modell ist nichts anderes als eine sehr fein gearbeitete Reproduktion des originalen Lessner-Wagens, wie er bei der Firma Treugolnik in St. Petersburg im Einsatz war.

Gustav Arnold Leßner (geb. 1823 in Dresden, gest. 1886 in St. Petersburg) gründete 1853 seine "Lessner Maschinenbaufabrik" in St. Petersburg.

Sein Sohn Emil Gustav Arnold (geb. 1861 in Dresden, Todesdatum unbekannt) [siehe Bild], baute die Firma aus, und erfüllte Aufträge der Kaiserlichen Russischen Marine, für die er u.a. Minenfahrzeuge und selbstfahrende Minen baute, wobei die Motoren für die Fahrzeuge bei der Daimler Motoren Gesellschaft bestellt wurden.

Irgendwann führte diese Geschäftsverbindung zwischen der DMG in Cannstatt und der Firma Lessner am 14. Dezember 1901 zu einem Lizenzvertrag.

Von da an und offenbar bis 1909/1910 baute die Gesellschaft neben eigenen Autos auch Daimler-Fahrzeuge unter der Marke Lessner, darunter auch diesen Transporter-Typ.

1907 wurde er von Zar Nikolaus II. mit der Großen Medaille des Souveränen Kaisers "Für die Errichtung der Automobilproduktion in Russland" ausgezeichnet.

Die Beschriftung auf der Ober- und Unterseite der Seitenwände, mit dem dreieckigem Firmenlogo in der Mitte, weist den Lieferwagen als Eigentum der "Treugolnik Russian-American Rubber Manufacturing Company" aus.

Die „Treugolnik Russian-American Rubber Manufacturing Company“ wurde 1860 in St. Petersburg von dem Hamburger Kaufmann F. Krauskopf und Partnern gegründet. Ab 1908 wurde die Firma kurz "Treugolnik" genannt. Treugolnik bedeutet "Dreieck", was auch die Form des Logos erklärt. Mit der Produktion von Gummi-Überschuhen wurde das Unternehmen schnell erfolgreich (10 Mio. Paar im Jahr 1910, 12 Mio. im Jahr 1912, davon wurden 25 % europaweit exportiert). Die weiteren Produktionen umfassten Maschinengurte, Ventile, Dichtungen, Rohre, Isolierungen, medizinische Instrumente, Fahrradreifen und Schläuche, und mit seinen „Treugolnik-„Autoreifen wurde das Unternehmen in ganz Europa erfolgreich und bekannt.

Vor hundert Jahren, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, war Treugolnik der größte Gummiwarenhersteller in Russland und ganz Europa. So riesig war das Werk, dass dessen.

Grundstück in St. Petersburg doppelt so groß wie die Fläche des Kreml in Moskau war!

Im Jahr 1918 wurde das Unternehmen verstaatlicht.   

Heute ist das riesige Gelände eine Mischung aus verlassenen Gebäuden, kleinen Firmen, Garagen, und Proberäumlichkeiten für Musiker. Vor allem aber ist es eine verfallende Brache, ein Denkmal für das verflossene Industrialisierungszeitalter der Stadt…

Damals  

Heute  

 

Nach dem ersten ungläubigen Staunen kann man nur schmunzeln: Von Autocult sind wir ja seit Anbeginn an außergewöhnliche Modelle gewöhnt, aber dieses Modell, das demnächst erscheinen wird, dürfte wohl alles bisher Produzierte in den Schatten stellen…

Hier die Beschreibung dieses einzigartigen Fahrzeugs aus dem Technik Museum Sinsheim: die Maybach DSH 1935 "Mobile Säge":

„Dieser Maybach befindet sich im unrestaurierten Originalzustand. Aus dem einstmals stolzen Repräsentationsfahrzeug wurde in der schweren Zeit nach dem 2. Weltkrieg eine mobile Säge gefertigt, um etwas für den Lebensunterhalt zu verdienen. Bei dem als Nutzfahrzeug „missbrauchten“ Luxuswagen handelt es sich um einen Maybach DSH Baujahr 1935, von dem nur 50 Stück gebaut wurden. Neu kostete der Wagen die damals exorbitante Summe von 25.000 Reichsmark. Angetrieben von einem 5,1 l 130 PS 6-Zylinder-Motor erreichte er einst eine Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h. Besitzer war bis 1986 Herr Georg Ewald, der noch bis ins hohe Alter mit der Säge gearbeitet hat. Er ließ in seinem Testament verfügen, dass er die Säge dem Museum stiftet, damit diese im originalen Zustand erhalten bleibt und nicht restauriert wird.“

 

Ich musste mich am Kopf kratzen: Ist dieser "Actros" nun ein 1:43-Modell, oder ist es ein 1:43 Spielzeug ??

Von beiden Seiten und von hinten gesehen, ist es ein relativ gut gemachtes, wenn auch nicht gerade preiswertes Modell. Von vorne gesehen, aber es ist ein Spielzeug!

Tatsache ist, dass das Modell gefallen könnte, wäre da nicht eine völlig flache Front. Keine der zugegebenermaßen feinen Krümmungen des echten Actros wurde berücksichtigt. Wer auch immer der Hersteller ist, er ist weder ein Auto-Kenner, noch ein Modell-Sammler.Vielleicht ist es jemand, der nur für das Geld dabei ist?

Wie ich bereits schon einmal geschrieben hatte, das Bedauerliche ist, dass die Leute alles kaufen werden, solange ein Mercedes-Stern drauf ist! Aber ein "Stern" bedeutet noch lange nicht Genauigkeit der Umsetzung.

Für mich ist dieses Modell keiner seriösen Mercedes-Kollektion würdig, was bedauerlich ist...

  

 

Ergebnisse der Umfrage  

Die Sammler haben gesprochen

Circa 70% der Antworten, die ich zurückbekam, möchten mehr Automodelle aus dem Zeitraum von 1900 bis 1935 hergestellt/angeboten sehen, von diesen wünscht sich ca. die eine Hälfte Modelle aus dem Zeitraum von vor 1900 bis 1925, und die andere Hälfte aus der Zeit von 1925 bis 1935.(In dieser Kategorie ist ebenfalls der Wunsch nach frühen Rennwagen inbegriffen).

Von den anderen 30% sähen 20% liebend gerne mehr Lastwagen, Busse, und Einsatzwagen aus der Zeit von ca. 1886 bis 1935/39.

Die restlichen 10% wünschen sich ca. zu gleichen Teilen: Nachkriegswagen bis hin zu den 70er Jahren, Prototypen aus der Nachkriegszeit bis heute, und Einsatzfahrzeuge. Genau zwei Antworten waren: “ einfach alles“.

Die Sammler haben gesprochen!

 

 

 

Von Matrix bekommen wir bald ein neues 1:43 Mercedes-Benz Modell, das Experimentelle Sicherheitsfahrzeug ESF 13 von 1972.

Gegen Ende der 1960er Jahre war das US-Verkehrsministerium (DOT) zunehmend über die steigende Anzahl der Verkehrstoten auf den Straßen der USA besorgt. Als Reaktion darauf startete das DOT 1968 ein Programm, das die Automobilhersteller zur Entwicklung von sogenannten Experimental Safety Vehicles (ESVs) (Enhanced Safety Vehicles, d.h. Fahrzeuge mit Erhöhter Sicherheit) aufforderte. Zwei Jahre später, 1970, wurden die ersten Standards für den Insassenschutz in ESVs festgelegt, die nebst anderen Auflagen für die Automobil-Hersteller schwierig zu meisternden Front-, Heck- und Seitenaufprallstandards beinhalteten.

Mercedes-Benz war einer von mehreren Herstellern, die sich dieser Herausforderung stellten, und in den nächsten vier Jahren baute der Stuttgarter Automobilhersteller 35 ESVs (ESFs), basierend auf fünf experimentellen Modellen, alles zwecks der Verbesserung der Verkehrssicherheit [und natürlich auch um den lukrativen Markt in den USA nicht zu verlieren].

Der im Juni 1972 vorgestellte ESF 13 Wagen wurde in Übereinstimmung mit den Anforderungen der ESV so konstruiert, dass er einen Frontalaufprall gegen ein festes Hindernis oder einen Pfosten mit 80 km/h, einen Heckaufprall mit 80 km/h und einen senkrechten Fall von 0,5 Metern überstehen konnte. Im Innenraum profitierten die Insassen von fünf Dreipunkt-Sicherheitsgurten, mit Kraftbegrenzern ausgestattet, um Verletzungen zu reduzieren, und sowohl die Passagiere auf den Vorder- als auch auf den Rücksitzen wurden zusätzlich durch Airbags geschützt. Die Airbags auf den Rücksitzen, die nur die außen sitzenden Passagiere schützten, wurden in die übergroßen Vordersitze eingebaut, und um die Beinfreiheit im Fond zu erhalten, wurde der Radstand um 100 Millimeter verlängert.

Der ESF 13 nahm die Lehren aus der Entwicklung des Vorgängers ESF 05 auf und verpackte sie in eine schmackhaftere Limousinen-Karosserie.

Der vordere Stoßfänger wurde zum Beispiel auf 406 mm vergrößert, dennoch ragte die Struktur des Stoßfängers kaum mehr als bei herkömmlichen Limousinen dieser Zeit heraus. Das Geheimnis war die Verpackung: Mercedes-Benz hatte die Front- und Heckpartie des Wagens neugestaltet, und eine neue Frontverlängerung verdeckte den vergrößerten vorderen Stoßfänger. Im Falle eines Unfalls sollten sich sowohl die vorderen als auch die hinteren Stoßfänger unter das Auto schieben und die Aufprallenergie absorbieren, ohne die Sicherheit der Insassen zu gefährden.

Wie bereits beim ESF 5 war das größte Manko des ESF 13 sein Gewicht. Änderungen an den vorderen und hinteren Karosserieteilen erhöhten die Gesamtlänge um 503 mm, während die zusätzlichen Bleche und Sicherheitsstrukturen das Gewicht des Fahrzeugs um 703 Kilo erhöhten. Obwohl das Auto zeitgemäßer aussieht, ist es wahrscheinlich, dass die Gewichts- und Leistungseinbußen das Auto auf dem freien Markt nicht konkurrenzfähig gemacht hätten, aber es hat das Wissen von Mercedes-Benz, wie man sicherere Automobile baut, weiter vorangetrieben.

 

 

Militaria-Sammler werden sich freuen, Maßstabsmodell-Sammler weniger: Diesem S404 der Schweizer Armee, der eine 20mm Oerlikon Flugabwehrkanone hinter sich herzieht, fehlt eines der Hauptmerkmale des Unimogs, u.zw. ALLER Unimogs: die Portalachsen! Tatsächlich führen bei diesem Modell, das vorgibt, ein typischer Unimog mit großer Bodenfreiheit zu sein, sowohl die Vorder- als auch die Hinterachse durch die Mitte der Räder, genau wie bei einem ganz normalen LKW.

Zur Erinnerung: Portalachsen sind eine Fahrwerks- und Antriebstechnik für Geländewagen, bei der das Achsrohr oder die Halbwelle (3) versetzt - meist oberhalb - der Radnabenmitte (2) angeordnet ist, und die Antriebskraft über ein einfaches an jeder Nabe angebautes Getriebe (1) auf jedes Rad übertragen wird. Im Vergleich zur normalen Achsanordnung ermöglichen Portalachsen eine höhere Bodenfreiheit des Fahrzeugs, da sowohl das Achsrohr als auch das Differentialgehäuse höher unter dem Fahrzeug angebracht sind.

Ich bin überrascht, dass gerade bei einem 1:43 Modell mit einem Verkaufspreis von 199 CHF (ca. 221,50 USD oder 184 €) ein solches Problem auftritt.

Die Nachbildung einer Portalachse in 1:43 ist bereits vor Jahren von Modellanbietern wie z.B. NZG, Schuco und Minichamps mit ihren Unimog S404 Bundeswehr-Lastwagen gemeistert worden, um nur diese drei zu nennen.

Das Modell ist Teil der ACE Arwico Collectors Edition, und wird in der Schweiz durch den "Hobby Shop Hässig" in CH-5610 Wohlen vertrieben. Webseite: https://www.hobbyshop.ch/unimog-s404-mit-l-flab54-1-43-85.005517.html

ACE Arwico produziert nur Modelle von Schweizer Fahrzeugen, oder solche, die in der Schweiz eingesetzt werden.

 

Werbung 1905

 

 

(с)BERND D. LOOSEN